Zeitdruck, Mobbing, Dauerstress: Immer mehr Berufstätige in Deutschland leiden laut einer Studie unter psychischer Belastung und Burn-Out. Betroffene fühlen sich ausgebrannt, erschöpft und überlastet, den Unternehmen entstehen Milliardenschäden. Dabei, sagen Psychologen, ist Stressresistenz erlernbar – bis zu einem gewissen Grad.
Eine neue Studie des Berufsverbands Deutscher Psychologen (BDP) zeigt, dass es um die psychische Gesundheit der deutschen Arbeitnehmer nicht gut bestellt ist. Für ihren jährlichen Bericht haben sich die Psychologen in diesem Jahr die Arbeitswelt angesehen – und im Zeitraum zwischen 2001 und 2005 einen starken Anstieg der Ausfalltage wegen psychischer Probleme und Burn-Out registriert.
Dass die Zahl der Probleme zugenommen hat, ist deutlich erkennbar. Innerhalb eines halben Jahrzehnts verdoppelte sich demnach der Anteil an den gesamten Krankheitstagen von Arbeitnehmern beinahe: von 6,6 auf 10,5 Prozent. Der Statistik zufolge entspricht das einem Produktionsausfall von 4,4 Milliarden Euro pro Jahr.
Mehr Burn-Out bei höherer Belastung
Im Prinzip könnte man die gestiegenen Zahlen auch damit erklären, dass Ärzte und Arbeitnehmer seit einiger Zeit einfach nur genauer hingesehen und hingehört hätten. Doch diese Erklärungen lassen die Psychologen nicht gelten: Unsichere Arbeitsverhältnisse, widersprüchliche Anforderungen, Zeitdruck, mangelnde Planbarkeit der Arbeit haben die Situation stark verschärft. Dazu kommen dem Bericht zufolge fehlende Partizipationsmöglichkeiten im Unternehmen, prekäre Arbeitsverhältnisse wie Leiharbeit und Zeitarbeit und mangelnde Wertschätzung durch Vorgesetzte – sowie ein Missverhältnis zwischen Arbeitsaufwand und Gehalt.
Dieser Mangel schlägt sich dem BDP zufolge auch in der psychischen Belastung der Beschäftigten nieder. Starke Arbeitsbelastung führe nicht nur zu einer höheren Zahl von Krankentagen aus psychischen Gründen. Auch das Arbeitsklima verändere sich, Intrigen und Mobbing nähmen zu. Auch die berufsbedingte Trennung von Partnern führe zu psychischen Belastungen. Ein besonderes Problem sei das bei Frauen, die mit Berufstätigkeit und Familienarbeit stärker gefordert – und oft eben auch überfordert – seien.
Lehrer und Gesundheitsberufe besonders häufig betroffen
Der Bericht widmet einzelnen Berufsgruppen spezielle Kapitel, zum Beispiel bekommen auch Lehrern. Ihre Probleme entstehen laut dem BDP-Bericht vor allem durch die fehlende Balance von Wollen, Sollen und Können. Die nach wie vor hohe Zahl von Frühpensionierungen, insbesondere an Grund- und Hauptschulen, sei alarmierend. Fast jeder vierte Lehrer müsse seinen Job frühzeitig verlassen.
Als Antwort auf die gestiegenen Belastungen fordern die Psychologen gesteigerte Anstrengungen in den Unternehmen, zum Beispiel bei der Personal- und Organisationsentwicklung. Außerdem sollten belastete Arbeitnehmer Präventionsprogramme zur Stressbewältigung in Anspruch nehmen, schließlich sei es bis zu einem gewissen Grad trainierbar, widerstandsfähiger gegen äußere Belastungen und Krisensituationen zu werden.